Das Ende der großen Wohnmobilfreiheit in Frankreich

Das Ende der großen Wohnmobilfreiheit in Frankreich

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Die kommenden Zeilen hatte ich bereits im Urlaub geschrieben. Dann hatten wir massive Probleme mit dem WLAN. Deshalb den Beitrag jetzt quasi als Urlaubsnachlese.

Eigentlich hatte ich gedacht, dass ich einen solchen Beitrag nie schreiben würde. Jetzt tue ich es doch. Und das aus gutem Grund.

Seit gut 2 Wochen touren wir mit unserem Wohnmobil durch Frankeich. Wir waren u.a. an der Loire, dann in der Vendée in Port du Bec, auf der Île de Noirmoutier, in La Tranche-sur-Mer, auf der Île d’Oléron, auf der Halbinsel Quiberon, im verwunschen Wald von Brocéliande bei Paimpont und sind gerade auf einem Stellplatz in Rotheneuf bei St. Malo. Wir können also zu Recht behaupten, dass wir schon ziemlich herumgekommen sind.

Frankreich – ein Paradies für Campingfreunde?

Außerdem sind wir, was Camping in Frankreich betrifft, keine Frischlinge. Seit mehr als 30 Jahren steuern wir mindestens einmal im Jahr unser erklärtes Lieblingsreiseland an. Zuerst mit verschiedenen Wohnwagen, zuletzt mit einem komplett autark ausgestatteten Westfalia Columbus. Weil wir, obwohl der Columbus de facto wie ein Wohnmobil ausgestattet war (also neben Toilette über Dusche sowie Frisch- und Grauwassertank verfügte), in den vergangenen Jahren zunehmend Probleme bekamen, auf Stellplätzen jenseits von Campingplätzen unterzukommen, haben wir uns vor 1 ½ Jahren ein Wohnmobil angeschafft. Mit deutlich gemischten Gefühlen. Mit dem Wohnmobil haben wir uns das Anrecht „erkauft“, auf den ausgeschriebenen Wohnmobilstellplätzen unterzukommen. So weit, so gut.

Andererseits hört mit dem Wohnmobil die Freiheit auf, wen die Straßen in vor allem Ortschaften so eng werden, dass die Außenspiegel fast die Häuserwände streifen. Den Wohnwagen konnten wir abkoppeln, auf dem Campingplatz/Stellplatz stehen lassen und die Region sternförmig mit dem PKW erkunden. Mein Mann trauert dieser Option noch immer nach.

Allerdings erfreut es ihn wie mich, dass man mit dem Wohnmobil auch mal auf einem Parkplatz übernachten darf. Oder am Waldrand, auf einem Feldweg am See oder einem Strandabschnitt, wo man niemanden stört beziehungsweise keine Rechte Dritter verletzt.

Das sind die wahren Momente von Freiheit, die man mit dem Wohnmobil erleben darf!

Die Campingbranche boomt – ein Glück nicht für alle

Leider scheinen sich genau diese Momente jedoch zu einer Rarität zu mausern. Die Campingbranche boomt in den letzten Jahren, die Neuzulassungen von Wohnmobilen erreichen Zahlen, bei denen sich selbst die Hersteller verwundert die Augen reiben und kaum mit dem Produzieren hinterherkommen. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich.

Was zur Folge hat, dass die freien Plätze in freier Natur immer seltener werden. Wo man früher noch den Blick aufs Meer genießen konnte, stehen heute Verbotsschilder, sind Schranken mit einer maximalen Durchfahrtshöhe von 2,10 m aufgebaut oder versperren Felsbrocken die Zufahrt.

Ich muss gestehen, dass mich das traurig macht. Allerdings habe ich auch Verständnis dafür, dass viele Gemeinden gerade an den touristischen „Hotspots“ im wahrsten Sinn des Wortes genug von der Camperinvasion haben.

Freiheit erfordert Rücksichtnahme

Weil viele der „Freiheitssuchenden“ nicht mit der Freiheit umgehen können. Oder wollen. Da werden Campingtoiletten in Gräben entsorgt oder man schlägt sich gleich mit einer Klorolle in die Büsche oder Dünen. Der Abwassertank wird von Vornherein auf Durchfluss gestellt, sodass man sich nicht um die lästige Entsorgung kümmern muss. Die Hinterlassenschaften der Camperbegleithunde werden nicht in Tüten eingesammelt, sondern zieren als Tretmienen den Weg zum Strand oder verwandeln den Wanderweg in einen Hindernislauf. Besonders Rücksichtsvolle packen die Ergebnisse der guten Verdauung ihrer Vierbeiner zwar noch in die dafür vorgesehene Tüte, lassen diese dann jedoch am Wegesrand liegen oder drapieren sie malerisch an Zaunpfählen.

Als Folge dessen sind jetzt viele Plätze, an denen man vor 10 oder 5 Jahren noch idyllisch stehen und das Camperleben in freier Natur genießen konnte dicht. Die Masse der Freiheitssuchenden drängt sich Tür an Tür auf den ausgewiesenen Stellplätzen. Wovon es allerdings aufgrund des Booms der vergangenen Jahre zu wenig gibt.

Es wird eng, auf französischen Stellplätzen

Momentan sind für 2 Wochen Herbstferien in Frankreich. Und die Karawane von Wohnmobilen drängt sich an die Küsten und die schönsten Stellen im Inland. Abends ist auf vielen Stellplätzen Kuschelcamping angesagt, sodass man stets genau beobachten kann, was der Nachbar zum Abendessen auftischt und welche Weinsorte er präferiert.  Höchstwahrscheinlich weiß inzwischen schon die halbe Grande Nation, dass wir einen süffigen Roten mit hohem Tanningehalt von den Côtes de Marmandais gern zum Rohmilchcamembert mit Baguette schlürfen.

Weil wir Probleme mit der Ladeleitung der Bordbatterien hatten und deshalb für ein paar Nächte bis zur Fehlerbehebung auf einen Stellplatz mit Strom mussten, sind wir auf dem Aire de Camping-Car Les Illots bei St. Malo untergekommen.

Hier zeigt sich ein weiteres Phänomen, das an Frankreichs Atlantikküste Schule macht: Viele ehemalige Campings Municipal verrammeln ihre Sanitärgebäude, montieren die Wasserhähne ab, bauen eine Ent- und Versorgungsstation im Eingangsbereich auf und sind daher nur noch für Wohnmobile zu nutzen. Mit einem Wohnwagen wird man vielerorts jenseits der Hauptreisezeiten buchstäblich im Regen stehen gelassen.

Der Stellplatz bzw. ehemalige Campingplatz von Rotheneuf ist für 120 Wohnmobile ausgeschrieben. Wenn man abends die Neuankömmlinge kreisen sieht und früh morgens über den Platz streicht, kann man feststellen, dass von den 120 Stellplätzen mindestens 100 belegt sind. Entsprechend hoch ist der Lärmpegel (obwohl die meisten Rücksicht nehmen). Die Urlaubsruhe wird durch das ständige Kommen und Gehen deutlich beeinträchtig. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie es hier und auf anderen Stellplätzen in der „echten“ Hochsaison zugeht.

Quo vadis Frankreich, du große Campernation?

Während ich also besagten süffigen Roten schlürfe, überfällt mich Traurigkeit: Du große Camperfreiheit, wo bist Du geblieben? Werde ich Dich in diesem Leben nochmals erleben dürfen?

Das Urlaubsverhalten hat sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich verändert. Viele sind zu vielerlei Zeiten mit ihrem rollenden Zuhause auf Achse. Viele sind, wie wir, stolz darauf, ein Wohnmobil ihr Eigen zu nennen. Leider scheint der Platz für uns alle nicht mehr auszureichen.

Es wird eng, in den schönsten Wochen des Jahres. Wohin wird die Karawane in den nächsten Jahren weiterziehen? Gilt die Osterweiterung nun auch für Wohnmobilisten? Werden wir uns demnächst an den Küsten von Polen, Rumänien oder Litauen treffen? Selbst Norwegen stöhnt schon unter der Last der jeden Sommer in die Fjorde und Fjelle einfallenden Camper.

Mein schönes Campingfrankreich, was ist aus Dir geworden? Quo vadis, Du große Campernation?

Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung …

In diesem Sinn bis bald oder à bientôt.

H.K. Anger

P.S.: Kennt Ihr eigentlich schon das informative, witzige und direkt aus dem Herzen kommende Camping online Journal IsasWomo? Isa hat zu dem Thema Camperfreiheit vor Kurzem einen ebenfalls sehr nachdenklichen Beitrag geschrieben.

Dieser Bericht spiegelt meine Meinung und meiner Erfahrungen wider. Aus rechtlichen Gründen muss ich jedoch folgenden Hinweis hinzufügen: ~Werbung durch Empfehlung ohne Auftrag/Bezahlung.~

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2 Gedanken zu „Das Ende der großen Wohnmobilfreiheit in Frankreich

  1. Liebe Barbara,
    Danke für Deine Worte. Der Familienlegende nach bin ich ja im Zelt gezeugt und mit Camping groß bzw. älter geworden. Wenn man so rechnet, bin ich jetzt fast 57 Jahre dabei.
    Vieles hat sich derweil verändert, nicht alles zum Guten. Der Untergang der Municipals tut mir auch weh – wir haben auf vielen mit dem Wohnwagen tolle Urlaubstage erlebt.
    Trotzdem werde ich mir meine Passion für Frankreich nicht nehmen lassen. Wir überlegen allerdings, ob wir nicht unsere Ziele ändern. Also jenseits der touristischen Mainstream Pfade … mal sehen, was es dort alles zu entdecken gibt.
    Glückwunsch zu deinem tollen Webauftritt, werde am Wochenende mal schmökern.
    Liebe Grüße aus dem Odenwald.
    Heike

  2. Hallo Heike,
    ja, Dein Beitrag spricht mir aus der Seele, die Entwicklung im WoMo-Sektor erfüllt mich – als Alt-Camperin – auch mit Sorge. Während die Wohnmobilisten die Parkplätze bevölkern, werden die Municipal-Plätze nach und nach geschlossen – sie sind vom Aussterben bedroht. warum? Weil es sich nicht mehr rechnet! Die privaten Campingplatzbetreiber suchen via Mobilhomes und Clamping, sich neue Kundenschichten zu erschließen.
    Camping, wie es einmal war, wird es bald schon nicht mehr geben 🙁 Es k..ken übrigens nicht nur die Hunde in die Dünen, leider auch viele Zweibeiner, wie oft an den Tempos gut zu erkennen ist.
    Zum Hundecamping habe ich bereits im Frühjahr mal einen Beitrag geschrieben: https://www.chienormandie.de/2017/05/03/die-kehrseite-der-medaille/
    Liebe Grüße
    Barbara

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